Zeitschrift für Slavische Philologie

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Valerii Efremov, Marina Scharlaj

Zeitschrift für Slavische Philologie, Jahrgang 72 (2017), Ausgabe 2, Seite 449 - 482

Die Sprachnorm nimmt eine besondere Stellung im national-kulturellen Wertesystem Russlands ein und erfährt heute eine auffallende Aufwertung. Im Runet bilden sich Gemeinschaften, die sich über das respektvolle Verhältnis zur russischen gramotnost’ identifizieren und mit ihren vielfältigen Aktivitäten zur Entwicklung neuer Formen eines metasprachlichen Diskurses beitragen. Während sich die vermeintlich sprachbewussten Internetnutzer/ inn/en für die Regeln der russischen Sprache einsetzen, verstoßen sie gegen geltende kommunikative Normen. Eine der bekanntesten Gruppierungen ist die Szene der ‚Grammar Nazi‘, deren Aktivist/ inn/en auf faschistisches Vokabular und Symbolik des «Dritten Reiches» zurückgreifen, um aggressiv gegen die fehlerhafte Anwendung des Russischen vorzugehen. Schmähende Äußerungen, ‚hate speech‘ und ‚trolling‘ machen ihre Kommunikation im Wesentlichen aus. Die invektiven Praktiken im Internet bewegen sich dabei zwischen ernst gemeinter Aggression und Theatralik. Einerseits deuten diese neuartigen Formen der Laienlinguistik und Beleidigungskultur auf eine kollektive Instrumentalisierung eines Normdiskurses hin, andererseits spiegeln sie individuelle Selbstdarstellungsstrategien der jungen Generation wider. Zugleich sind sie das Spiegelbild einer Epoche – sowohl der aktuellen gesellschaftspolitischen als auch der technisch-medialen.

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